Categories: Hightech

Science Park Graz prämiert Ideen “mit Gewissen”

Die Zucker-Revolution, eine günstige Methode zur Identifikation von Mikroorganismen im Blut für die Dritte Welt – oder die Rückverfolgbarkeit von Kaffee durch Satellitendaten: In der bereits 18. Ausgabe der „Start-up Idea Competition“ des Science Park Graz verdeutlichen die Junggründer den Anspruch, technologischen Fortschritt mit sozialem Unternehmertum zu verbinden. Die Sieger in den sechs Kategorien im Überblick.

Moral trifft Unternehmertum: Neue Geschäftsideen, um ein gesellschaftliches Problem zu lösen, sind auf der Überholspur – zumindest beim ältesten Start-up-Ideencontest Österreichs. Bei der traditionellen „Start-up Idea Competition“ des Science Park Graz unterstrichen die Junggründer Ihre Ambitionen, systemische Veränderungen herbeizuführen.

Initiator der “Start-up Idea Competition”: Science Park Graz-Geschäftsführer Martin Mössler (Foto: KPhotography | Ekaterina Paller)

Dieses Jahr standen etwa nachhaltige Lösungen in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Ernährung sowie Umwelt und Klima besonders im Mittelpunkt.

Martin Mössler, Science Park Graz

Martin Mössler, Initiator und der Geschäftsführer der Start-up-Schmiede, erklärt: „Es war noch nie so deutlich wie in diesem Jahr zu sehen, dass junge Menschen ihren unternehmerischen Fokus verstärkt auf ‚Social Entrepreneurship‘ verlagern. Wir sehen ein wachsendes Engagement bei den 150 teilnehmenden Ideengebern, signifikante und positive Veränderungen in der Gesellschaft bewirken zu wollen – auf Basis von ökonomischen Maßnahmen. Dieses Jahr standen etwa nachhaltige Lösungen in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Ernährung sowie Umwelt und Klima besonders im Mittelpunkt.“

Für den Science Park Graz selbst bleibt die Zielsetzung auch in der bereits 18. Ausgabe unverändert:  „Unser Wettbewerb zielt darauf ab, jungen Innovatoren eine Plattform zu bieten, von der aus sie ihre unternehmerischen Träume verwirklichen können. Durch die Unterstützung dieser visionären Projekte tragen wir aktiv zur Lösung einiger der drängendsten globalen Herausforderungen bei und fördern ein Ökosystem, in dem wirtschaftlicher Erfolg und sozialer Fortschritt Hand in Hand gehen“, erklärt Mössler. 12.000 Euro, also 2.000 Euro je Kategorie, wurden an die Sieger ausgeschüttet.

Gesundheit: Identifikation von Mikroorganismen für die Dritte Welt

Der Grazer Johannes Liesche will mit einem neuartigen Ansatz die Identifikation von Mikroorganisamen in Dritte Welt-Ländern erleichtern. (Foto: KPhotography | Ekaterina Paller)

Die Gewinner in den sechs Kategorien verfolgen – dem Trend folgend – daher insbesondere soziale Geschäftsmodelle. Wie etwa Johannes Liesche, Sieger in der Kategorie Gesundheit: Der Grazer entwickelt einen neuartigen Ansatz zur Identifikation von Mikroorganismen im Blut.

Wir können Krankenhäusern eine neuartige Methode anbieten, mit der mikrobielle Spezies auf der Grundlage von KI-gestützter Mikroskopie identifiziert werden.

Johannes Liesche, Sieger in der Kategorie Gesundheit

„Wir können Krankenhäusern eine neuartige Methode anbieten, mit der mikrobielle Spezies auf der Grundlage von KI-gestützter Mikroskopie identifiziert werden. Im Vergleich zu in Österreich verbreiteten Methoden ist unsere Herangehensweise wesentlich schneller und kostengünstiger“, erklärt der Jungunternehmer, der mit seiner Lösung insbesondere in Dritte Welt-Länder reüssieren will. Entsprechend wird mit afrikanischen Krankenhäusern bereits kooperiert. 

Kategorie „Space“: Lösung für EU-Verordnung über „entwaldungsfreie Lieferketten“

Mit Satellitendaten verfolgt Sebastian Vogler Kaffee- und Kakaobohnen zum Anbaugebiet zurück – das bringt den Sieg in der Kategorie Raumfahrt.(Foto: KPhotography | Ekaterina Paller)

Unsere Lösung verbessert die Rückverfolgbarkeit, gewährleistet die Einhaltung von Umweltauflagen und eröffnet einen breiteren Marktzugang.

Sebastian Vogler, Sieger in der Kategorie “Space”

Die Rückverfolgbarkeit von Kaffee und Kakao verspricht der Ansatz von Jungunternehmer Sebastian Vogler, Sieger in der Kategorie „Space“: Über Satellitendaten erfolgen präzise Standortbestimmungen der Plantagen, mit künstlicher Intelligenz werden Abholzungsanalysen und Ertragsprognosen ermöglicht. Der Junggründer adressiert mit seinem Konzept die EU-Verordnung über „entwaldungsfreie Lieferketten“, die mit Ende des Jahres in Kraft tritt.

„Unsere Lösung verbessert die Rückverfolgbarkeit, gewährleistet die Einhaltung von Umweltauflagen und eröffnet einen breiteren Marktzugang, wodurch die globale landwirtschaftliche Lieferkette in Richtung Nachhaltigkeit gestärkt wird“, erklärt Vogler. Mit „Beetle for Tech“ betreibt er bereits ein Start-up, das im österreichischen Inkubationszentrum der Weltraumagentur ESA beheimatet ist.

„Special Societal Impact“: Die Zuckerrevolution

Siegreich in der Kategorie „gesellschaftlicher Mehrwert“: Lisa Reiss entwickelt eine natürliche Zuckeralternative für spezielle Lebensmittelmatrizen – zur Anwendung kommt das Konzept etwa in Schokolade oder Marmelade. (Foto: KPhotography | Ekaterina Paller)

Wir entwickeln eine patentierbare Zuckeralternative, die die Funktion von Saccharose in Lebensmittelmatrizen verschiedener Anwendungsbereiche nachahmt, ohne der Gesundheit zu schaden.

Lisa Reiss, Siegerin in der Kategorie “Special Societal Impact”

Ebenfalls einem gesellschaftlichem Problem verschreibt sich Lisa Reiss, Gründerin von „Smiling Food“: Die Siegerin in der Kategorie „Special Societal Impact“, also „gesellschaftlicher Mehrwert“, bekämpft mit ihrem Team das Problem des übermäßigen Zuckerkonsums: „Wir entwickeln eine patentierbare Zuckeralternative, die die Funktion von Saccharose in Lebensmittelmatrizen verschiedener Anwendungsbereiche nachahmt, ohne der Gesundheit zu schaden“, erklärt die Gründerin.

Heißt: Der Zuckerersatz kommt in speziellen Lebensmitteln – wie zunächst Schokolade und Marmelade – zum Einsatz, bedarf keiner Süßungsmittel und ist zu 100 Prozent natürlich. Aktuell ist Reiss vor allem auf der Suche nach neuen Mitarbeitern.

Energie: Abbinden von CO2 in Reststoffen

Sieger in der Kategorie Energie: Lukas Höber (l.) und Robert Lärche binden CO2 in industriellen Reststoffen. (Foto: KPhotography | Ekaterina Paller)

Damit unterstützen wir die Dekarbonisierung der Schwerindustrie durch die dauerhafte Abbindung von CO2.

Lukas Höber und Roberto Lärche, Sieger in der Kategorie Energie

Der Kapfenberger Lukas Höber und Roberto Lärche aus Wien, siegreich in der Kategorie Energie, haben eine Technologie entwickelt, mit der CO2 in industriellen Reststoffen gespeichert werden kann. „Damit unterstützen wir die Dekarbonisierung der Schwerindustrie durch die dauerhafte Abbindung von CO2“, erklärt das Duo. Konkret wird CO2 auf Basis des bei der „Start-up Idea Competition“ vorgestellten Konzepts etwa in Schlacke, ein Nebenprodukt der Stahl- und Eisenerzeugung, oder Baurestmassen gespeichert. Zurzeit betreibt das Duo Fundraising, um die Methodik zu verwirklichen.

ICT: Oststeirer nimmt es mit Google auf

Will es mit Google aufnehmen: Michael Klamminger, Sieger in der Kategorie IT, entwickelt eine datenschutzkonforme Identitätenverwaltung. (Foto: KPhotography | Ekaterina Paller)

Wir wollen es mit Google aufnehmen.

Michael Klamminger, Sieger in der Kategorie “ICT”

In der Kategorie Informations- und Kommunikationstechnik (ICT) setzt sich Michael Klamminger durch: Zeamless, so der Name von Klammingers Plattform, will eine „Verwaltung von digitalen Identitäten für jedermann mit besonderem Fokus auf Datenschutz- und Rechenschaftspflichtbestimmungen der EU“ anbieten. Der gebürtige Oststeirer aus Puch bei Weiz nimmt es dabei mit niemand Geringerem als Google auf. Denn künftig, so der Sieger, solle man „online mit ‚zeamless fortsetzen‘ anstelle von ‚mit Google einloggen‘“.

Mobilität: Qualitätskontrolle während des Prozesses

Muaaz Abdul Hadi, Sieger in der Kategorie Mobilität, überprüft die Qualität während Bearbeitungsvorgangs.

Wir wollen auf Basis unserer Lösung die Bearbeitung von Werkstücken bei auftretenden Fehlern sofort stoppen. (Foto: KPhotography | Ekaterina Paller)

Muaaz Abdul Hadi, Sieger in der Kategorie Mobilität

Mit einer KI-basierten Software für mechanische Bearbeitungsprozesse holt der Inder und Wahlgrazer Muaaz Abdul Hadi den Sieg in der Kategorie Mobilität. Während die Qualitätskontrolle zurzeit meist erst nach dem Herstellungsprozess erfolgt, ermöglicht Hadis Ansatz die Überprüfung noch während des Vorgangs selbst: „Wir wollen auf Basis unserer Lösung die Bearbeitung von Werkstücken bei auftretenden Fehlern sofort stoppen und damit Material, Maschinenzeit, Werkzeugeinsatz, Energie und Kosten sparen“, erklärt der an der TU Graz promovierte Fertigungstechniker.

 Zu den Jurymitgliedern zählten in diesem Jahr: 

  • Dagmar Eigner-Stengg (Leitung Gründercenter der Steiermärkischen Sparkasse)
  • Gudrun Haage (Büro für Gleichstellung und Frauenförderung TU Graz)
  • Christoph Adametz (Technologietransfer TU Graz)
  • Arno F. Likar (LIKAR Rechtsanwälte & HAI Smart Equity)
  • Gernot Faustmann (Research Management & Services Uni Graz)
  • Martin Mössler (Science Park Graz, ESA BIC Austria)

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